Thema: Gaming
Online Casino Games auf Twitch
Eine heiße Diskussion

Dabei gibt es jedoch gerade um Glückspiele immer wieder viel Gerede – denn die Anhänger, oft jungen Alters, zum Zocken zu verlocken, darüber hinaus oftmals noch gegen Bezahlung der Casino-Anbieter, wirft ein moralisches Problem auf. Viele bekannte deutsche Streamer wie Knossi und MontanaBlack nahmen deshalb von Poker und anderen Glückspiel-Streams Abstand. Im Sommer vergangenen Jahres änderte sich allerdings die Gesetzeslage, was die Legalität von Online-Gambling in Deutschland betrifft, und entfachte erneut Diskussionen.
Streaming auf Twitch kann eine absolut lukrative Karriere sein, sofern man es richtig anpackt, seine Nische findet und eine Menge begeisterte Follower gewinnt. Zu den bekanntesten deutschen Streamern gehören beispielweise Knossi und MontanaBlack, wie auch Trymacs, der den bürgerlichen Namen Maximilian Alexander Curt Stemmler trägt. Jens „Knossi“ Knossalla wird aktuell auf ein Gesamtvermögen von 1,8 Millionen Euro geschätzt. 250.000 Euro im Monat soll er allein durch seine 50.000 Subscriber auf Twitch verdienen, werden 5$ monatliche Abogebühr pro Subscriber berechnet. Dazu kommen geschätzte Werbeeinnahmen aus Sponsorenverträgen und Partnerschaften von rund 125.000 Euro im Monat. Der 27-jährige Trymacs ist derzeit Rekordhalter in Sachen Subscriber, mit über 60.000 treuen Fans, die monatlich bezahlen. Sein Verdienst liegt monatlich bei rund 65.000 Euro und einem Gesamtvermögen von 1.5 Millionen Euro – wobei er sich vor allem auf das Streaming von Spielen wie Fortnite und Pokémon Go konzentriert. MontanaBlack, ebenfalls ein alter Hase im Geschäft, soll ein Gesamtvermögen von zwei Millionen Euro besitzen – und sowohl er wie auch Knossi waren in der Vergangenheit für Casino- und insbesondere Poker-Streams bekannt.
Dabei mussten sie sich einige Kritik gefallen lassen, denn Glückspiel ist dafür bekannt süchtig machen zu können. Moralisch verwerflich sei es, die Fans zum Zocken zu verleiten, denn beim Zusehen – wobei in der Regel die Gesichtsausdrücke der Streamer beim Gewinnen und Verlieren eingeblendet sind, zudem oft gigantische Gewinne gemacht werden – bekommen sie Lust darauf selbst ihr Glück zu wagen.
Dazu kommt, dass die Streamer nicht selten von den Verlusten der Fans profitieren sollen: Im Rahmen einer ZDF-Doku verriet einer der Zocker, wie es funktioniert: Der Zuschauer kommt über einen Referral-Link des Streamers auf die Casino-Seite, wo die Verluste der Spieler getrackt werden. Laut den Angaben des Streamers gehen 50% der Verluste zurück an den Referrer. Die Kritik an den Streamern ist demnach heftig, wenngleich Knossi, MontanaBlack und Co. stets betonten, niemals beabsichtigt zu haben mit ihrer Freizeitbeschäftigung Werbung für Casinos zu machen. Beide stellten alsbald ihre Casino-Streams ein – Knossi spezialisierte sich nun stärker auf Videospiel-Streams wie „Grand Theft Auto“, Sport und Party-Events. MontanaBlack spielt Fortnite, Mariokart, Call of Duty und andere Games vor laufender Kamera.
Casino-Streams auf Twitch gibt es jedoch nach wie vor, obwohl die Plattform erklärte derartige Tätigkeiten stärker kontrollieren zu wollen. Eingeschränkt wurden hierbei jedoch lediglich direkte Links zu Webseiten, auf denen Casino Online angeboten wird. Am 21. August 2021 trat diese Änderung in Kraft, kurz nachdem das Glückspiel im Internet in Deutschland durch den neuen Glückspielstaatsvertrag legalisiert wurde. Streamer, die von Affiliate-Links profitierten, hatten dabei natürlich das Nachsehen, könnten aber natürlich einfach auf eine andere Plattform wechseln. Casino-Streams dürfen nach wie vor auf Twitch laufen, zumal die Seite eine eigene Poker-Streaming Kategorie besitzt. Gesendet werden darf, sofern das Zocken im Netz am Ort des Spielers legal ist, was mittlerweile eben auch in Deutschland kein Problem mehr ist. „Wir werden weiterhin glücksspielbezogene Inhalte überwachen und unsere Vorgehensweise bei Bedarf aktualisieren“, lautete die offizielle Erklärung von Twitch im vergangenen August, wirklich geändert hat sich seitdem kaum etwas.
Interessanter ist jedoch, wie sich die Streamer selbst gegenüber Casino-Streams äußern – während die einen keine Schuld auf sich nehmen wollen und ihre Streams als absolut legitime Unterhaltung ansehen, werden sie von Kollegen scharf kritisiert. Angesagte Streamer wie Orangemorange (mit 500.000 Followern) und Scurrows (170.000 Follower) begannen in jüngster Zeit mit Casino-Streams. Verlockend sind dabei Angebote, die ihnen von den Casino-Betreibern unterbreitet werden, sofern sie deren Seiten mit ihren Streams promoten. Der erfolgreiche Streamer Unge gab an ein derartiges Angebot in Höhe von fünf Millionen Euro abgelehnt zu haben. Die gleiche Meldung zitierte hingegen Orangemorange, der seine Casino-Streams und die seiner Kollegen klar verteidigte: „Ich respektiere jeden, der solche Glücksspiel Streams nicht macht, aber wenn man ein 1 Millionen Angebot bekommt, dann kann man einfach nicht ablehnen. Ich sehe das als Zukunftsabsicherung”, erklärte er in einem Live-Stream, während sich YouTuber Tanzverbot sehr vehement gegen ihn, wie in der Vergangenheit auch gegen die Casino-Streams von MontanaBlack, aussprach. Die Streamer seien ohnehin „stinkreich“ argumentiert er seit Jahren, die Leute, die die Casino-Stream annehmen verdienen bereits 30.000 bis 40.000 Euro im Monat – und für noch mehr Geld braucht man demnach kaum moralisch verwerflich handelnt.
Auch Streamerin Antonia „Reved“ Staab sprach sich aktuell vehement gegen Casino-Streaming aus. „Macht doch bitte einfach keine Werbung für Casino. Ich verstehe es nicht”, postete sie auf Twitter und verwies ebenfalls auf die ohnehin gigantischen Einnahmesumme der erfolgreichen Streamer: “Die Streamer, die Casino-Streams machen, verdienen meist eh schon gut, sechsstellig, wenn nicht teils siebenstellig”. Streamer Scurrows, der nach einer dreijährigen Twitch-Sperre wieder zu Casino-Streams zurückkehrte reagierte zumindest teilweise zustimmend und gab zu, es sei angesichts der verlockenden Angebote einfach schwach geworden. Mit Fifa Packs lasse sich eben niemals so viel verdienen, wie mit Casino-Streams erklärte er in seinem Tweet.
Gesetzlich lässt sich wohl kaum etwas machen, um die Streams komplett zu verbieten, selbst wenn dies von vielen Streamern sogar gefordert wird, nicht zuletzt wohl deshalb, weil sie sehen, wie viel die Kollegen mit weniger moralischen Bedenken auf diese Weise abzocken. Mit der neuen Gesetzeslage in Deutschland sind Online-Casinos ganz legal, die Betreiber können unter Einhaltung des auf Bundesebene festgelegten Regelkatalogs sogar Lizenzen von der eigens dafür geschaffenen Glückspielbehörde in Halle erwerben. Reguliert sind lediglich monatliche Einzahlungsbeträge, das Anlegen von Spielerkonten sowie die Werbung der Anbieter, die auf spät nachts und frühmorgens beschränkt ist. Casino-Streaming auf Twitch ist nicht zuletzt aus dem Grund bedenklich, weil viele Jugendliche hier unterwegs ist. Die gleichen Streamer, die die angesagtesten Video-Games streamen, zocken eben auch vor laufenden Kameras – und auch die Kennzeichnung dieser Streams mit 18+ wirkt sicherlich wenig abschreckend auf das minderjährige Publikum.
Es bleibt abzuwarten, ob angesichts der liberaleren Gesetzeslage in Deutschland auch die einstigen Casino-Streamer wie Knossi und MotanaBlack zu ihren Poker-Streams zurückkehren werden. Für Kontroversen sorgte jüngst der kanadische Streamer xQc, derzeit auf Rang fünf der erfolgreichsten Streamer der Welt. Er soll über seinen Promo-Code 119 Millionen U.S. Dollar mit seinen Casino-Streams verdient haben. Eine geringe Summe im Vergleich zu seinen Sponsoren-Einnahmen, für die meisten Fans jedoch ein Vermögen. Klar, dass auf diese Weise ein falsches Bild entsteht und das Zocken gerade jungen Menschen schmackhaft gemacht wird.
In Deutschland ist das Gesetz glücklicherweise streng genug, dass unter 18 Jahren nicht um Geld gespielt werden kann, die Glückspielbehörde überwacht die lizenzierten Betreiber wie auch Sperrdateien – was jedoch nicht bedeutet, dass auf anderen Seiten im Ausland nicht einfacher gezockt werden kann. Verwerflich sind Glückspiele im Internet nicht, im Gegenteil, ihr Ruf hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt, die gesellschaftliche Akzeptanz wird immer größer. Die moralische Verantwortlichkeit der Streamer die Follower nicht zum Glückspiel zu verlocken und von ihren Verlusten zu profitieren, ist jedoch ein ganz anderes und weitaus heikleres Thema.