Shitstorm wegen Wohnungssuche!
Obdachlars will nur im Hamburger Kiez bleiben.

Die kreative Suche von Lars L. nach einer geeigneten Wohnung im Hamburger Kiez, bestenfalls im Szeneviertel St. Pauli, hatte Folgen, mit denen der gebürtige Bayer nicht gerechnet hatte. Durch seine Homepage obdachlars.de geriet er in einen Shitstorm, der ihm so einiges vor den Kopf knallte, darunter Arroganz oder die Schuld für die angespannte Wohnungssituation in der Hansestadt.
Wegen einem Wasserschaden musste Lars aus seinem alten WG-Zimmer raus und suchte deshalb eine Wohnung. Am liebsten wolle er in St. Pauli oder einem der anderen Szeneviertel Hamburgs bleiben, in seinem gewohnten Umfeld. Da ist er nicht der Einzige! Klar. So ist das Großstadtleben eben. Wenig Wohnung, viel Miete.
Lars, der beruflich Internetseiten gestaltet, beschließt kreativ zu werden und legt die Website odachlars.de an, auf der er sich und sein Problem auf ironische Art und Weise beschreibt und Vermietern die Möglichkeit gibt, ihn zu kontaktieren. Die Website sollte den Zweck haben „aus der Masse herauszustechen“, so zitiert der Spiegel den Wohnungssuchenden.
Ostern geht sein kreatives Wohnungsgesuch online und schon eine Woche später hat die Seite 1.000 Likes auf Facebook. Auch Medien wie die „Hamburger Morgenpost“ berichten darüber: „Lieber obdachlos als Barmbeck“ lautet die Schlagzeile. Eine Anspielung auf Lars‘ Wunsch, in einem von Hamburgs Szenevierteln zu wohnen. Und die MoPo-Redaktion legt noch einen drauf und textet die Headliner: "So schön ist Barmeck!"
Es folgte ein regelrechter Shitstorm, mit dem Lars nicht gerechnet hätte. Auf Facebook und anderen Plattformen wurde er heftig kritisiert. Man warf ihm vor, dass Menschen wie er für die angespannte Mietsituation in Hamburg und anderen deutschen Großstädten wie Berlin und München verantwortlich seien und stempelte ihn als Hipster ab. Sogar per SMS wurde ihm gedroht: „Arroganter Schnösel. Ich hoffe du endest auf der Straße! Du bist ein Grund für die aktuelle angespannte Wohnungssituation in HH“, schrieb ihm jemand über einen anonymen Sendedienst. Als Beweis postet Lars die Meldung auf Facebook. Nicht zu fassen!
Das alles, ein Schock für Lars. Der verstand die Welt nicht mehr. Die Flut an Reaktionen nahm überhand, er kam nicht mehr dagegen an. Er sperrte die Facebook-Kommentare und schrieb eine Stellungnahme. Dort heißt es: "Ich bin es gerade leid mir weiter Beschimpfungen, Unterstellungen und unsachliche Vorwürfe anhören zu müssen und hätte mir gewünscht, dass man normal diskutieren kann. Die Zeit ist viel zu schade für so etwas." Und weiter: "Mit dieser Aktion habe ich lediglich ein Ziel gehabt und einen Wunsch: eine Wohnung zu finden, in der Gegend, in der ich mich wohl fühle und es als Zuhause bezeichnen kann. Denkt mal an euer Zuhause und wie es wäre, wenn ihr da weg müsst." Verständlich, wie wir finden.
Mittlerweile ist der Shitstorm abgeklungen, die Facebook-Seite wieder erreichbar. Es gibt viele Leute, die hinter „Obdachlars“ stehen und ihn unterstützen: "Ich frage mich schon seit längerem, wie manche Menschen so drauf sind, in welchen Ton sie über andere Leute oder Themen im Netz und speziell bei FB aburteilen und hämisch ihre 'Meinung' äußern. Ist ja auch einfach, so halbanonym und am besten noch mit mit Künstlernamen. Eine schreckliche Mentalität. Ich finde diese Meckerer echt zum Kotzen. In der Realität kriegen sie wahrscheinlich kein Wort raus. Die Leute, die etwas gut finden, melden sich leider viel zu wenig. Wie im normalen Alltag: wenn was gut läuft, kriegt man kein Feedback, wenn es nicht gefällt, wird man fertig gemacht ... Also, alles Gute für die Wohnungssuche! Ottensen ist übrigens auch ein Traumstadtteil“, schreibt beispielsweise eine Facebook-Userin.
Dem schließen wir uns an.
flickr.com/ Daniele Civello
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